
Ein paar englische Wochen weniger hätten sich Trainer Walter Reitz und sein VfB-Team in diesem Frühjahr sicherlich gewünscht, doch auf das Halbfinale im Rheinlandpokal gegen den Regionalligisten TuS Koblenz würde niemand verzichten wollen. Am Mittwoch um 19:30 Uhr wird Schiedsrichter Luca Schlosser den Pokalknüller anpfeifen, und der Zuschauerzuspruch dürfte ähnlich groß sein wie im März 2015, als sich beide Vereine zuletzt gegenüberstanden.
Während der VfB im laufenden Wettbewerb fünf Spiele, zwei Verlängerungen und ein Elfmeterschießen brauchte, um ins Halbfinale einzuziehen, begnügte sich unser Gast aus Koblenz mit vier Partien über die reguläre Spielzeit von 90 Minuten. Alle vier Siege wurden auf fremdem Gelände eingefahren, denn im Rheinland-Pokal hat der klassentiefere Gegner stets Heimrecht – wovon nun auch der VfB Wissen profitiert. Übrigens: Das diesjährige Endspiel des Rheinland-Pokals wird im Koblenzer Stadion Oberwerth ausgetragen und im Rahmen des „Tages der Amateure“ live in der ARD übertragen.
Wo stehen die Gegner vom Mittwoch sportlich ? Der VfB Wissen mischt trotz des jüngsten Punktverlustes beim 1:1 in Hundsangen als Tabellenzweiter weiterhin munter im Aufstiegsrennen der Bezirksliga Ost mit. Eine Rückkehr in die Rheinlandliga, in der man seit dem Krieg fast genau 40 (!) Spielzeiten verbrachte, ist weiterhin möglich. Allerdings waren die Leistungen in den nur vier Spielen nach der Winterpause nicht immer meisterhaft. Die miserablen Bedingungen in der Vorbereitung, die oft zur Improvisation zwangen, wirkten sich ebenso negativ aus wie das langfristige Fehlen einiger Leistungsträger. Zudem weisen die bisherigen Ergebnisse im Kalenderjahr 2018 (1:0, 1:0, 2:0, 1:1) ebenso wie das Torverhältnis nach dem 20.Spieltag von 41:15 nicht unbedingt darauf hin, dass die Koblenzer Gäste ein blau-weißer Sturmwirbel erwartet.
Allerdings erwies sich die traditionell starke blau-weiße Defensive schon vor drei Jahren fast als Stolperstein für die TuS Koblenz. Damals im März 2015, als die Partie im Rahmen des Pokal-Viertelfinals ausgetragen wurde, brauchte der hohe Favorit ein Elfmeterschießen und hatte Glück, nicht kurz vor Ende der regulären Spielzeit durch einen Kopfball Mario Weitershagen den Knockout zu kassieren. Über 140 Minuten und am Ende 20 Elfmeter waren schließlich nötig, um den Sieger zu bestimmen.
Hoffen wir, dass es auch heute wieder spannend wird und unsere VfB-Mannschaft die Begegnung lange offen halten kann. Der Druck liegt dabei ganz auf Seiten der Gäste, nicht nur wegen des Unterschieds von drei Spielklassen. Schließlich ist die Teilnahme am DFB-Pokal, die nur dem Sieger des Rheinland-Pokals vorbehalten ist, von enormer wirtschaftlicher Bedeutung für den nach wie vor um seinen Etat hart kämpfenden Verein von Rhein und Mosel.
Die TuS schaffte es nach den ruhmreichen 50er Jahren, gefördert von ihrem Sponsor Rhein-Zeitung und deren Verleger, ab 2006 für vier Spielzeiten sogar bis in die 2.Bundesliga. Dieser bemerkenswerte Höhenflug war aber nicht von Dauer: 2010 stieg der Verein, begleitet von heftigen finanziellen Problemen, in die Regionalliga ab. 2015 folgte nach vielen Trainerwechseln und alljährlichem personellen Umbruch der Insolvenz-Antrag und der Absturz in die Oberliga.
Zwar gelang der sofortige Wiederaufstieg, doch die wirtschaftlichen Probleme blieben dem Traditionsclub ebenso treu wie der Mangel an Kontinuität. Im Laufe der aktuellen Saison gab es neben 16 Neuzugängen und 18 Abgängen auch einen Trainerwechsel, der nach zuvor miserablem Saisonverlauf und einer abgeschlagenen Position am Tabellenende eine echte Trendwende brachte:
Immerhin schaffte Anel Dzaka, der im Februar den Ex-Cottbusser Bundesligacoach Petrik Sander ablöste, mit seinem Team zuletzt einige gute Ergebnisse. Seit nunmehr sechs Spielen ist man ungeschlagen, und vor allem die Auswärtssiege bei den Top-Teams aus Saarbrücken (1:0) und Offenbach (3:2) ließen aufhorchen. Zwar liegt die TuS noch immer auf Rang 16 der Regionalliga Südwest, kann sich aber wieder berechtigte Hoffnungen auf den Klassenerhalt machen. Am vergangenen Sonntag trennte man sich vom TSV Schott Mainz 1:1-Unentschieden.
Genug der Vorrede, jetzt rollt der Ball. Herzlich Willkommen im Dr.Grosse-Siegstadion und viel Spass beim Spiel !