Ein 16-Jähriger, der noch vor drei Jahren für den VfB Wissen am Ball war, steht mittlerweile in Diensten des FC Bayern München. Thomas Kraft unterschrieb Mitte letzten Jahres einen Vertrag beim deutschen Rekordmeister und hütet nun dort das Tor der B-Junioren. Eigentlich war Thomas Kraft Anhänger von Borussia Dortmund, aber sein sportlicher Weg führte ihn in die Bayernmetropole.
Vor einigen Wochen wurde Thomas Kraft, der inzwischen auch zwischen den Pfosten der U16-Nationalmannschaft steht, vom DFB und dem Fußballverband Rheinland für seine Leistungen geehrt. In der Sporthalle der Hauptschule Wissen überreichte Peter Lipkowski (im Foto links), der Vorsitzende des Verbands-Jugendauschusses, Ehrennadel und Urkunden an Thomas’ Mutter Christel Kraft. Über Bonuszahlungen für die Ausbildung des Torhüters konnten sich die Vereinsvertreter aus Daaden, Wissen und Betzdorf freuen. Für den VfB nahm der 1.Vorsitzende Rolf Voigtländer (Mitte) an der Ehrung teil. Verbandstrainer Ewald Hammes (2. von rechts) lobte Ehrgeiz, Können und Kameradschaft des Westerwälder Torwart-Talentes. Als Vertreter des Fußballkreises Westerwald/Sieg waren Kreisvorsitzender Friedel Hees, Kreisjugendleiter Heinz Salzer sowie Pressewart Willi Simon nach Wissen gekommen.
Willi Simon führte für „Fußball im Rheinland”, das offizielle Organ des Fußballverbandes, ein Gespräch mit Thomas Kraft, der am 22. Juli 1988 geboren ist. Er hat noch zwei Geschwister, eine Schwester (28 Jahre) und einen Bruder (31). Sein Vater, der ihn zu jedem Jugendspiel und auch seine ersten Schritte beim FCB begleitete, ist kürzlich verstorben.
FiR: Hallo, Thomas. Wann erwachte dein Interesse am Fußball?
Thomas Kraft: Ich war fast jeden Tag mit Freunden unterwegs. Auf einer Wiese haben wir Fußball gespielt. Der damalige Freund meiner Schwester, Sascha Kill (VfB Wissen), hat mich „unter seine Fittiche genommen” und speziell mit mir trainiert.
Hattest du denn damals schon sportliche Vorbilder?
Kraft: Schon als kleiner Junge war Oliver Kahn mein Vorbild, in erster Linie aber Sascha Kill, der wesentlich zu meiner Entwicklung beigetragen hat.
Dein offensichtliches Talent blieb natürlich nicht verborgen. Wie war dein weiterer sportlicher Weg?
Kraft: Ich begann 1998 bei den E-Junioren der Spfr. Daaden. Von 2000 bis 2002 spielte ich beim VfB Wissen und schließlich bis April 2004 bei der SG Betzdorf. Im April 2004 bin ich dann zum FC Bayern München gewechselt. Über die Kreis- und Verbandsauswahl sowie das DFB-Stützpunkttraining kamen dann die ersten Einladungen zu Lehrgängen des Fußballverbandes, Schülerlager und DFB-Sichtungstraining.
„Entdeckt” wurdest du beim Rheinlandauswahl-Länderpokal. Scouts aus der Bundesliga wurden auf dich aufmerksam. Wer war dein wesentlicher Förderer auf deinem weiteren Weg?
Kraft: Hier muss ich in erster Linie Rolf Wagner (VfB Wissen) benennen und natürlich Ver-bandstrainer Ewald Hammes, die wesentlich zu meiner sportlichen Entwicklung beigetragen haben. Durch die Auswahlspiele und Lehrgänge kamen dann Anfragen aus der Bundesliga wie z. B. FC Freiburg, VfL Wolfsburg und auch Bayern München. Beinahe wäre ich in Freiburg gelandet. Weil sich dort aber die Torwartsituation änderte, kam der FC Bayern. Im Juni 2003 wurde ich zum ersten Probetraining eingeladen, im Oktober des gleichen Jahres zu einem weiteren Training. Im März 2004 folgte ein drittes Training, diesmal bei den Amateuren des FC Bayern.
Wie ging es dann bei den Bayern weiter?
Kraft: Die Verhandlungen führten wir mit Jörg Daniel (heute in Diensten des DFB). Meinen Vertrag habe ich dann bei Jugendleiter Werner Kern vom FCB unterschrieben. Dieser läuft bis zum Ende der A-Junioren.
Wie sieht dein Tagesablauf aus, wo wohnst du, wie ist die Betreuung?
Kraft: Ich besuche derzeit die zehnte Klasse einer Schule in München. Meine Wohnung ist ganz in der Nähe des „60er-Stadions” Grünwald. Von dort habe ich nur sechs bis sieben Minuten Fußweg zum Trainingsgelände. Die Betreuung beim FC Bayern kann man nur als vorbildlich bezeichnen, auch medizinisch – alles optimal. Nachmittags steht das Training mit den B-Junioren auf dem Programm (9 x in der Woche, davon mittwochs mit dem Ex-Bun-desligatorwart Bernd Dreher), anschließend trainiere ich oft noch bei der A-Jugend, wo ich auch schon als 2. Torwart aufgeboten wurde. Im Sommer dürfen wir sogar mit den Profis trainieren.
Was steht oder stand in diesem Jahr auf dem weiteren Spielprogramm?
Kraft: Im Januar hatten wir ein Turnier in Viareggio. Im Sommer folgt ein großes Turnier in Johannesburg in Südafrika.
Du bekommst als 16-Jähriger schon „ die Welt zu sehen”. Bekommst du auch Gelegenheit deine „großen Vorbilder” beim FC Bayern zu sehen?
Kraft: Ich bekomme jeweils drei Karten für Bundesligaspiele. Bei der Champions League bin ich als Balljunge im Einsatz.
Wie sieht deine sportliche Ausrichtung für die Zukunft aus?
Kraft: Zunächst habe ich einen Vertrag bis zum Ende der A-Junioren. Danach wird man weitersehen. Ich werde aber in jedem Fall „mit den Füßen auf dem Boden bleiben”. Ziel ist aber, in der Bundesliga zu spielen.
Quelle: Fußball Im Rheinland, Ausgabe Nr.2 / 2005
Interview und Foto: Willi Simon