
Über 13 Monate war der VfB auf eigenem Platz ungeschlagen geblieben und hatte in 15 Heimspielen seit September 2022 ganze vier Gegentore kassiert. Nun gab es gleich acht Gegentreffer innerhalb von sieben Tagen, denn dem 1:5 gegen die SG Schneifel vor einer Woche folgte am Samstag gegen die SG 99 Andernach mit dem bitteren 1:3 eine weitere Pleite im Dr.Grosse-Siegstadion. Interims-Coach Wolfgang Leidig fasste das Geschehen vor 155 Zuschauern treffend zusammen: „Mehr Chancen kannst Du dir nicht erarbeiten, und wenn du die liegen lässt, ist die logische Konsequenz, dass du am Ende mit leeren Händen dastehst.“
Gewohnt souverän: Schiedsrichter Fabian Schneider und sein Gespann.
Schon vor dem 1:0 (32.), dass Paul Christian nach einer Ecke von rechts aus kurzer Distanz erzielte, boten sich dem VfB ausreichend klare Gelegenheiten für eine frühe Führung. Erneut zeigten sich aber die Abschlussschwächen, die schon im bisherigen Saisonverlauf für einige Punktverluste gesorgt hatten. Armando Grau, Til Cordes und Steven Winzenburg brachten den Ball aus guter Position nicht im Tor unter. Auch Luca Kirschbaum tauchte frei vorm Gästekeeper auf, setzte seinen Lupfer aber an den Außenpfosten. Mit dem knappen Rückstand waren die Gäste zur Pause bestens bedient.
Armando Grau im 1:1-Duell mit Gästekeeper Jannis Koch.
Unmittelbar nach Wiederanpfiff schien dann das vermutlich vorentscheidende 2:0 fällig, als Armando Grau nach einem Pass von Philipp Weber alleine auf den Andernacher Torwart zulief, den Ball aber nicht an ihm vorbeibrachte und so seinen gebrauchten Tag komplett machte. Auch danach blieben die Gäste zunächst harmlos und der VfB betrieb bei seinen Kontern weiterhin Chancenwucher. Die erste gute Chance der Andernacher seit einer Gelegenheit in der Anfangsphase kündigte dann aber das drohende Unheil an und bewies, dass die defensive Stabilität, die die Wissener Elf in der letzten Saison auszeichnete, weitgehend verloren gegangen ist.
Dieser Lupfer von Luca Kirschbaum landete am Pfosten.
Und so kam es, wie es kommen musste. Ein weiter Einwurf von rechts wurde zu kurz abgewehrt und der anschließende Dropkick landete 24 Minuten vor dem Abpfiff zum 1:1 im langen Eck. Damit war dem VfB-Team förmlich der Stecker gezogen. Zwar bemühte man sich redlich und hatte durch den eingewechselten Micha Fuchs und Steven Winzenburg Gelegenheiten, um erneut in Führung zu gehen. Doch bei ihren beiden nächsten schnellen Kontern stießen die Andernacher auf wenig Gegenwehr und hatten es mit langen Bällen in die Spitze zu leicht, um mit weiteren Treffern zum 1:2 (77.) und 1:3 (82.) den Sieg klar zu machen, nach dem es weiß Gott lange nicht ausgesehen hatte. Dass beide Treffer sehenswert waren, darf man zugestehen.
So fiel das 1:0: Kopfballverlängerung Luca Kirschbaum, in der Mittel lauert Paul Christian und drückt den Ball über die Linie.
Drei Gegentore in neun Minuten gegen Schneifel, nun drei Einschläge in einer guten Viertelstunde gegen Andernach – solche schwarzen Momente hat man beim VfB lange nicht erlebt. Es wird wichtig sein, in den kommenden Wochen wieder mehr Sicherheit in den Defensivverbund zu bekommen, zumal nun mit den Oberliga-Absteigern Kirchberg und Ahrweiler zwei spielstarke Gegner warten, die erneute Aussetzer sofort bestrafen dürften. Auch gegen die Meisterschaftsfavoriten sind Punktgewinne nötig, um nicht in bedrohliche Nähe zum Tabellenende zu geraten. Dabei hat das junge Team und sein neuer Trainer jeden Rückhalt und jede Unterstützung verdient.
Steven Winzenburg.
Wolfgang Leidigs Kommentar zum Spiel: „Es ist schade, dass wir den Sieg hergeschenkt haben. Knackpunkt war, dass wir das 2:0 einfach machen mussten. Wir hatten eine Vielzahl hochkarätiger Torchancen, waren aber im Abschluß einfach zu uneffektiv. Letztendlich ist es dann so gekommen, wie es die alte Fußballweisheit besagt: Wenn du vorne die Dinger nicht machst, wirst du hinten bestraft. Eine so überflüssige Niederlage tut sehr sehr weh, aber wir werden mit Sicherheit wieder aufstehen und mit neuem Mut an die nächsten Aufgaben gehen.”
Der Schuß von Til Cordes landete im Außennetz.
“Ich muss die Jungs in Schutz nehmen, denn der Wille war da und wir haben alles probiert, aber die Qualität im Abschluss hat heute einfach gefehlt. Wir waren da sehr gastfreundlich zu den Andernachern. Das Zweikampfverhalten und die Körpersprache waren mir auch ein bißchen zu brav, insbesondere nach dem 1:1 ist die Mannschaft zu schnell wieder in die alte Verunsicherung zurückgefallen. Da kam aber auch die Unerfahrenheit zum Vorschein, von abgezockten Rheinlandligaspielern sind manche der Jungs bei allem Talent doch noch ein Stück weit entfernt. Ab Dienstag wird Dirk Spornhauer mit all seinem Fachwissen die Mannschaft wieder schnellstmöglich in die Spur bringen.“
Luca Kirschbaum.
Die VfB-Aufstellung gegen Andernach: Lukas Litschel, Mario Weitershagen, Marius Wagner, Paul Christian, Tom Zehler, Philipp Weber, Emre Bayram, Steven Winzenburg, Til Cordes (62. Micha Fuchs), Luca Kirschbaum (68. Jacov Jancek), Armando Grau.
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