Sturmlauf nach der Pause gegen die SG Schneifel bringt nur einen Punkt

Die ersten zehn Spieltage brachten der Rheinlandliga-Mannschaft des VfB Wissen acht Siege und zwei Niederlagen. Nun gab es mit dem 1:1 im Heimspiel gegen die SG Schneifel bereits das zweite Remis in Folge. Dabei blieb das Gefühl nach dem Punktverlust gegen die Gäste aus der Westeifel zwiespältig: Einerseits fiel der Wissener Ausgleich erst acht Minuten vor dem Ende per Elfmeter, andererseits konnte man angesichts klarer Überlegenheit im zweiten Abschnitt und etlicher guter Chancen auch von zwei verlorenen Punkten sprechen. Am dritten Tabellenplatz für den VfB änderte sich nichts, allerdings gab es nach dem 1:0-Sieg der SG Hochwald gegen die bisherige Nr.1 Cosmos Koblenz einen Wechsel an der Tabellenspitze.

Schon nach acht Minuten durften die Gäste jubeln.

Auf dem tiefen Rasen im Dr.Grosse-Siegstadion traten beide Mannschaften nicht in kompletter Besetzung an. Beim VfB machte sich vor allem das Fehlen der Angreifer Armando Grau und Jakov Jancek bemerkbar, mit Nicklas Fuchs, Justus Stühn und Lukas Becher fielen weitere Stützen aus. Daher war Trainer Thomas Kahler zu etlichen Umstellungen gezwungen, und das merkte man dem Spiel seines Teams in der Anfangsphase auch an. Vom üblichen Spielfluss und der bisher gezeigten Torgefahr war zunächst wenig zu sehen, die auf ungewohnter Position eingesetzten Offensivkräfte taten sich schwer. Bereits in der 8.Minute kamen die Gäste nach ihrer ersten Ecke zur 0:1-Führung und hätten kurz darauf sogar auf 0:2 erhöhen können, doch Philipp Klappert konnte glänzend klären.

Till Niedergesäß übernahm vor der Pause eine ungewohnt offensive Rolle.

Einige gute Ausgleichschancen gab es auch auf der Gegenseite, doch alle Versuche endeten bei Gästekeeper Stephan Simon oder gingen am Kasten vorbei. Pech hatte der steil geschickte Til Cordes, der nach einem Steckpass alleine aufs Schneifeler Tor zuging, seinen Linksschuss aber haarscharf am rechten Pfosten vorbeisetzte. Abgesehen von den beiden geschilderten Szenen hatten die Gäste unerwarteter Weise vor allem eins zu bieten: Extensives Zeitspiel. Jeder Abstoß, jeder Einwurf wurde ausgiebig zelebriert, jede Verletzungsunterbrechung dankend genutzt. Bei den Einwechslungen bedurfte es jeweils den Hinweis des Unparteiischen, dass auch ein Spieler den Platz verlassen muss, was der dann in Rollator-Tempo tat.

Til Cordes.

VfB-Trainer Thomas Kahler dazu: „Schneifel hat ab der 10.Minute nur versucht, das Spiel zu verzögern. Es war für alle erkennbar, welche Mannschaft Fußball gespielt hat und welche nicht.“ Schiedsrichter Michael Bell-Simons sah dem Treiben sehr lange und geduldig zu, ehe er schließlich in der Schlussphase doch noch zwei SG-Akteuren die gelbe Karte wegen Spielverzögerung zeigte. Am Ende konnten sich die Gäste, die bei ihren früheren Wissener Gastspielen eher durch spielerische Qualitäten aufgefallen waren, aber bestätigt fühlen: 15 bis 20 Minuten von der Uhr geholt, 5 Minuten Nachspielzeit und viele lautstarke Proteste der Zuschauer kassiert, Punkt mitgenommen – alles richtig gemacht.

Felix Arndt.

Zurück zum sportlichen Geschehen: Die VfB-Mannschaft kam wie verwandelt aus der Kabine und baute jetzt trotz der schwierigen Platzverhältnisse den Druck auf, den die knapp 200 Zuschauer im ersten Abschnitt vermisst hatten. Deshalb stellten sich auch bald gute Torgelegenheiten ein. Til Cordes stand 10 Minuten nach Wiederanpfiff nach einem Doppelpaß am Elfmeterpunkt frei vorm Torwart, setzte seinen Schuss aber über die Latte. Auch Felix Arndt setzte sich nun wiederholt am rechten Flügel durch, blieb aber im Abschluss glücklos oder scheiterte, wie in der 65. und der 76.Minute, aus kurzer Distanz am starken Torwart.

In der Anfangsphase gab es auch Torszenen im Wissener Strafraum. Später eher nicht mehr.

Das vorentscheidende 0:2 lag nur einmal in der Luft, als bei einem Konter Till Niedergesäß in höchster Not zur Ecke klären musste. Weitere Belebung erfuhr das Wissener Angriffsspiel durch die Einwechslung von Micha Fuchs. Trotzdem dauerte es in einem nun ebenso einseitigen wie hektischen Spiel noch bis zur 82.Minute, ehe dem VfB der Ausgleich gelang. Julian Wienold drang über links mit einem Dribbling in den Strafraum ein und wurde gefoult. Den fälligen Elfmeter setzte der starke Philipp Weber flach zum umjubelten 1:1 ins rechte Eck.

Luca Groß hatte es auf ungewohnter Position in der Sturmmitte schwer.

Auch in der verbleibenden Spielzeit sahen die Zuschauer einen einzigen blau-weißen Sturmlauf, doch der ersehnte Siegtreffer fiel gegen die immer mehr abbauenden Gäste nicht mehr. Bei einem Foul an Til Cordes in der Nachspielzeit lag ein weiterer Strafstoß in der Luft, doch der Referee stand gut und bewertete die strittige Szene anders. Noch in der 94.Minute rettete Keeper Simon seiner Mannschaft mit einer Klasseparade gegen Til Cordes den Punktgewinn. Leider blieben die zahllosen Ecken und Freistöße diesmal ohne jede Wirkung, was an der Kopfballstärke der groß gewachsenen Schneifeler Abwehr, aber auch der mangelnden Qualität der Flanken lag.

Gästekeeper Simon hielt den Punktgewinn für sein Team fest.

So blieb am Ende als positiver Aspekt zumindest noch das Comeback von Tim Leidig, der in den Schlußminuten erstmals nach seiner über halbjährigen Zwangspause wieder mitwirkte. Kann der 21-Jährige Allrounder an seine Leistungen aus der Zeit vor der langwierigen Verletzung anknüpfen, erfährt der VfB-Kader mit seiner Rückkehr eine enorme Verstärkung.

Julian Wienold hatte maßgeblichen Anteil am 1:1-Ausgleich.

Doch auch einen negativen Schlußpunkt gab es: Schiri Bell-Simons hatte sich früh durch sehr harte gelbe Karten unter Druck gesetzt, zog seine Linie dann durch und verteilte alleine in der 2.Halbzeit nicht weniger als 13 Verwarnungen. Leider traf es den zur Pause eingewechselten Tom Pirsljin doppelt, und so musste der Verteidiger in der 90.Minute mit gelb-rot den Platz verlassen und fehlt leider in der kommenden Woche beim Derby in Malberg.

Der Torwart streckt sich bei Philipp Webers Elfmeter vergeblich.

Trainer Thomas Kahler zum Spiel: „Wir sind nicht ganz so gut ins Spiel reingekommen. Wir haben in der ersten Halbzeit nicht genug Zugriff bekommen, auch wenn wir schon da klare Chancen hatten. Deswegen haben wir in der Pause die taktische Ausrichtung verändern müssen, weil sonst weiterhin der Ball permanent im Aus oder beim Torwart von Schneifel gewesen wäre. Ab der 46.Minute hat meine Mannschaft viel Herzblut reingesteckt und man hat den unbändigen Willen gesehen, das Spiel auf keinen Fall zu verlieren. Da ziehe ich den Hut vor, weil wir neben der Brechstange auch mit spielerischen Mitteln zu guten Chancen gekommen sind.

Til Cordes’ Großchance in der ersten Halbzeit.

Die Standards waren heute nicht so gefährlich, auch weil Schneifel sie gut verteidigt hat. Das dann ein Elfmeter den Ausgleich gebracht hat, ist die eine Sache. Ich denke aber, dass alle gesehen haben, dass es in der 90.Minute einen weiteren Elfmeter hätte geben müssen, das Knallen hat man bis nach Malberg gehört. Bei mir bleibt das Positive hängen, denn in der 2.Halbzeit haben wir alles dafür getan, heute nicht zu verlieren. Am Ende ist es dann OK, wenn man die Punkte teilt, auch wenn wir deutlich mehr fürs Spiel getan haben als der Gegner.“

Die VfB-Aufstellung gegen die SG Schneifel: Philipp Klappert, Mario Weitershagen, Max Krauß, Paul Christian (46. Tom Pirsljin), Emre Bayram (86. Tim Leidig), Julian Wienold, Philipp Weber, Felix Arndt, Till Niedergesäß, Till Cordes, Luca Groß (71. Micha Fuchs). Zuschauer: 195. Schiedsrichter: Michael Bell-Simons (Wehr). Übrigens: Philipp Weber war mit seinen 23 Jahren der fünftälteste der 14 an diesem Tag eingesetzten Wissener Spieler. Trainer Thomas Kahler brachte also beinahe eine komplette U23-Elf auf den Platz.

© Fotos: Annika Deger-Schwan. Bilder zum Vergrößern und für höhere Auflösung bitte anklicken.