
Die Rheinlandmeisterschaft Mehrkampf in Bad Neuenahr-Ahrweiler ist lange durch, die örtliche Presse hat sich bereits weidlich mit dem Thema auseinandergesetzt und sich ob der Leistungen von Lea Lemke und Anna-Lena Schöler förmlich überschlagen, und auf der Homepage des VfB Wissen gab es doch lediglich einen ganz kurzen Bericht. Immerhin können wir für uns verbuchen, dass wir die Allerersten waren. Versprochen hatten wir, dass ein ausführlicher Bericht kommen würde, und natürlich wollen wir unserer Chronistenpflicht nachkommen und über den gesamten Ablauf der RM aus Wissener Sicht berichten.
Die VfB-Speerspitze: Lea Lemke
Es begann mit den Staffeln der U14. Unsere Mädchen konnten ihren Titel nicht mehr verteidigen, denn sie sind ja in die Altersklasse U16 aufgerückt. Mit ihrer Vorjahreszeit von 39,65s (ohne Sarina!) konnte niemand mithalten, und so gab es den Sieg für die Mädchen schon bei einer Zeit von 40,64s, gelaufen vom PSV Trier, gefolgt von der LG Sieg mit Franca Löhr, die mit 41,21s eine gute Zeit liefen. Auch die Jungen mussten sich mit Zeiten von 40,11s (LG Bernkastel-Wittlich) bzw. 41,63s (LG Sieg als Zweite, ohne Wissener Beteiligung) zufrieden geben.
Beim Vierkampf der MJU14 waren 24 Athleten dabei, 6 davon aus der LG Sieg. Julius Kölbach (Jg. 2004) startete als einziger VfB-Athlet bei der M12 “hoch” und kam hier auf den 11. Platz von 13 in der Wertung. Eine Bronzemedaille verbuchte überraschend der Betzdorfer Brett Henning bei der M13. Im Team kamen die Jungen von der Sieg wie auch schon die Staffel auf den zweiten Platz hinter der LG Bernkastel. Auch hier war Julius als Vierter seiner Mannschaft beteiligt. Das ist ohne Frage als Erfolg zu werten, aber bestimmt noch ausbaufähig.
Bei den Mädchen der WJU14 lief es ähnlich. Julia Stinner (DJK Herdorf) wurde Dritte bei der W12 (16 Teilnehmerinnen) mit 1693 Punkten, die Wissenerin Hannah Huhn Sechste mit ordentlichen 1559 Punkten und einer deutlich auf 11,28s verbesserten 75m-Zeit. In der W13 konnte sich Franca Löhr nach dem Ausscheiden von Mira Schlosser (DJK Herdorf) als einzige LGS-Athletin platzieren. Sie wurde Zehnte mit 1637 Punkten und absolvierte erfreulicherweise den 800m-Lauf unter drei Minuten (2:54,46). Teamintern waren damit Franca und Hannah Zweite und Dritte und zeichneten damit für den zweiten Platz der Mannschaft mitverantwortlich. Auch hier hatten ihre Bezwingerinnen vom Staffelwettbewerb, der Postsportverein Trier, die Nase vorn.
Im Fünfkampf der MJU18 war Oliver Weber am Start; er wurde Achter bei 13 in der Wertung (2507 P.). Auffällig dabei sein großer Vorsprung von fast 500 Punkten vor dem Neunten bei nur 350 Punkten Rückstand zum Sieger Nicolas Fusenig (PSV Trier). Olivers beste Einzelleistung: 56,52s über 400m. Dritter Platz für Lorenz Lichtenthäler (Betzdorfer TV) mit 2806 Punkten.
Im Fünfkampf der MJU20 waren acht Athleten am Start, sechs davon gehörten zur LG Sieg. Andreas Freidhof wurde Sechster, Markus Weber Achter. Auch diese beiden konnten mit ihren Zeiten über 400m (53,33s und 57,98s) ganz zufrieden sein. Andreas gehörte zur “siegreichen” Mannschaft als Viertbester des Teams. Zweiter wurde nach vorübergehender Führung Niels Schüler, Dritter Michael Pees (beide DJK Betzdorf). Es gewann Lars Mesloh (TV Bad Ems) mit 2885 Punkten, der am Folgetag beim Zehnkampf noch kräftig zulegen und nach Rückzug aller sechs LGS-Athleten das verbliebene Duell mit 5975 Punkten für sich entscheiden konnte.
Die knappste und vom Leistungsniveau vielleicht beste Entscheidung des Samstags war der Vierkampf der WJU18. Mit 2986 Punkten gewann Anna-Lena Schöler (SG Sieg) diesen Vierkampf bei acht Punkten Vorsprung auf die Siebenkämpferin Maren Wilms (LG Rhein-Wied), die aber am folgenden Tag im Siebenkampf 4886 Punkte einfuhr und sich damit für die Deutsche Meisterschaft souverän qualifizierte. Anna-Lena imponierte dabei mit persönlichen Bestleistungen im Kugelstoß und Hürdenlauf. Sie trat am zweiten Tag nicht mehr an.
Am ersten Tag des Siebenkampfs der WJU16 (hier war im Gegensatz zu den anderen Zweitageswettbewerben keine kleine Vierkampfwertung möglich) traten die Wissener W14-Athletinnen Nele Schneider, Lea Lemke und Katharina Weller an. Nele hatte bereits im letzten Jahr einen Siebenkampf in Betzdorf bestritten und war mit mehr als 3370 Punkten dabei sehr erfolgreich gewesen, für Lea und Kathi waren es Premieren. Aufgrund ihrer zuletzt gezeigten Leistungen gehörte Lea zum engen Favoritenkreis, während Nele bisher nicht ganz an ihre Vorjahresleistungen anknüpfen konnte. Für Kathi hieß es erstmal: Dabeisein und Spaß haben. Sehr starke Konkurrentinnen im Feld waren Sarah Gilles (SpVgg Burgbrohl), Jolina Krämer (LG Ahrweiler) und Nina Sinzig (LG Rhein-Wied). Damit hat die Altersklasse im Vergleich zu den letzten Jahren ein sehr hohes Mehrkampfpotenzial, zumal so manche andere (Lena Brunnhübner aus Brey, Katrin Weischer aus Bernkastel oder unsere Franka Hassel) aus unterschiedlichen Gründen gar nicht am Start war.
Erwartungsgemäß ging Jolina nach dem einleitenden 80m-Hürdenlauf erst einmal deutlich in Führung, Lea wurde Zweite, aber Nina lag nur vier Punkte dahinter. Trotz starken Gegenwinds gab es hier reichlich persönliche Bestzeiten. Der Weitsprung war zwischen Lea und Jolina fast ein totes Rennen: Beide verbesserten sich stetig in den drei Versuchen, und am Ende hatte Lea mit 5,14m die Nase knapp vorn. Sie war mit einer Bestleistung von 4,98m angereist. Im ebenfalls vom Gegenwind verwehten 100m-Sprint blieben fast alle sozusagen im Rahmen ihrer Möglichkeiten – soll heißen es gab keine Verbesserungen – und Jolina konnte ihren Vorsprung auf fünfzig Punkte ausbauen. Jetzt hieß es für Lea zu kontern: Die Schlussdisziplin des Tages war Leas geliebter Speerwurf, und hier setzte sie mit 34,15m ein Ausrufezeichen. Obwohl sich Jolina hier deutlich verbesserte, hatte Lea jetzt den Spieß umgedreht und führte, immer noch äußerst knapp, mit 24 Punkten. Nele auf Platz vier, Kathi auf Platz sechs, dieses gute Ergebnis nahm das Team mit in die städtische Jugendherberge.
Von den 27 gemeldeten und 26 anwesenden LG Sieg-Athleten blieben am Sonntag nur noch vier übrig. Neben den drei Siebenkämpferinnen war noch Sarina Lautner für den Vierkampf der WJU16 gemeldet. Der Tag ging gut los: Beim Einstoßen zog sich Sarina in ein kleines bewaldetes Areal zurück, stieß ihre goldene Kugel mit Macht in den Himmel, und diese blieb im Gezweig eines mächtigen Baumstamms hängen. Nichts zu machen, Kugel verloren, Wettkampf verloren? Sarina wollte partout diesen Wettkampf nicht ohne ihre Lieblingskugel bestreiten, und so kamen zwei moderne Prinzen in Gestalt von jugendlichen Zehnkämpfern vorbei, beide ausgerüstet mit einem Stabhochsprungstab, und versuchten, allerdings vergeblich, mit ihrem Werkzeug die Kugel zu befreien. Schließlich nahm der eine (Simon Gilles aus Burgbrohl) den anderen (Carl Möller vom TuS Sohren) huckepack, der todesmutig den Baum bestieg und alles wendete sich zum Guten. Beide haben ihren Zehnkampf nicht gewonnen, und wir wissen auch noch nicht, wie diese märchenhaft anmutende Anekdote endet, aber mit Sicherheit gehört diese selbstlose Hilfsaktion zu den schönen Geschichten, die wir gerade bei den Mehrkämpfern immer wieder bestaunen und bewundern können.
Der Rest des Vierkampfs ist schnell erzählt: 10 Meter mit der Kugel, fünf Meter beim Weitsprung, 13 Sekunden über 100 Meter, da konnte Sarina eine Fehlleistung im Hochsprung locker verschmerzen und mit mehr als 200 Punkten Vorsprung gewann sie den Wettbewerb unangefochten bei recht leistungsschwacher Konkurrenz.
Auch die drei Amazonen vom Vortag traten, trotz unerträglichen nächtlichen Lärms in der Jugendherberge, gut ausgeschlafen zur Siebenkampfentscheidung an. Lea, im Hochsprung leicht favorisiert, marschierte von 1,28 bis 1,52 unbeirrt durch und nahm die Höhen jeweils im ersten Versuch. Jolina, die etwas später eingestiegen war, folgte jeweils auf dem Fuße und hatte bis zu dieser Höhe auch nur einen Fehlversuch. Bei 1,56m haderte jedoch Lea: Trotz guten Sprungstils fiel die Latte einmal knapp und zweimal deutlich. Jolina hingegen gelang die Überquerung beim ersten Anlauf, bevor sie bei 1,60m ebenfalls die Segel strich. Jetzt war eine Pattsituation eingetreten: beide Athletinnen mit 2695 Punkten vorneweg, dahinter die ebenfalls recht starke Konkurrenz, aber schon ohne Siegchancen. Der von beiden Athletinnen wenig geliebte Kugelstoß musste damit die Vorentscheidung bringen. Aber keine der beiden Konkurrentinnen konnte sich bei mittlerweile einsetzendem starkem Regen entscheidend absetzen. Jolina legte 14 Zentimeter vor, was bei mäßigen 8,70m die Winzigkeit von sechs Punkten bedeutete. Lea, die eine Leistung von mehr als neun Metern im Visier hatte, war hier (aber auch nur hier) völlig indisponiert. Somit musste die endgültige Entscheidung auf den 800m-Lauf vertagt werden, der üblicherweise von den Mehrkämpferinnen kaum trainiert wird und zu dem es für beide auch keinerlei aussagekräftigen Vorwerte gab. Beim Start an der Evolvente standen alle 14 Athletinnen der beiden Altersklassen zusammen und die Lauffavoritin Sarah setzte sich mit dem Startschuss sofort an die Spitze des Feldes. Lea klammerte sich rasch an ihr fest und blieb ihr bis zur 500m-Marke dicht an den Fersen. Aber auch Jolina ließ sich einfach nicht abschütteln. Sie wusste: Nicht mehr als eine Sekunde verlieren, dann gehörte ihr der Titel. Nachdem Sarah schließlich weit enteilt zu sein schien, forcierte Lea nochmals das Tempo und griff ihrerseits an. Jolina konterte. Im Ziel purzelten die Bestzeiten: für Sarah um fünf Sekunden, für die beiden dahinter um kleine Ewigkeiten. Optisch war der Angriff von Jolina verpufft, Lea hatte gefühlt eineinhalb bis zwei Sekunden Vorsprung und wurde von Freund und Feind mit Jubel und Glückwünschen überschüttet. Aber wie das so ist in einem schnellen Rennen, da zählt der Beobachter auch die Sekunden schon einmal zu schnell, und so war es rasch amtlich: Mit einem Rückstand von 1,04 Sekunden hatte Jolina nur fünf ihrer sechs Punkte eingebüßt und konnte in der wohl knappsten und dramatischsten Entscheidung einer hochwertigen Rheinlandmeisterschaft ihrerseits die nun auf dieser Seite einsetzenden Jubel- und Glückwunschstürme aller Beteiligten entgegennehmen. Die beiden Konkurrenten nahmen es nach wieder erweckten Lebensgeistern äußerst gelassen: Block für Lea, Siebenkampf für Jolina, beide für beides DM-Quali, vermutlich für beide ein Kreisrekord, was wollten sie mehr? Die neuerliche große Auseinandersetzung der beiden auf Bundesebene wird wohl nicht stattfinden: Nach Lage der Dinge wird Jolina den Siebenkampf in Lage und Lea den Block Sprint in Lübeck angehen. Beide Wettkämpfe zu bestreiten, ist nicht zulässig und auch nicht sinnvoll.
Etwas im Hintergrund dieser Ereignisse, aber keineswegs Staffage waren die Ergebnisse von Nele und Katharina. Zwar gab es für sie trotz sieben Wettbewerben keine persönliche Einzelbestleistung, aber der Gesamtwettkampf war so rund und herzerfrischend, dass am Ende für das Trio die magische Zehntausend-Punkte-Mauer durchbrochen wurde (10.049), womit ihnen eine DLV-Bestennadel (Top 30 bundesweit) jetzt schon so gut wie sicher ist. Und – man glaubt es kaum nach dieser Tortur – alle drei überlegen sich ernsthaft, ob sie im Oktober dieses Spektakel noch einmal in Angriff nehmen. Nur zu!
Die Ergebnisse der Siebenkämpferinnen (80Hü – Weit – 100m – Speer – Hoch – Kugel – 800m):
1. Jolina Krämer 3590 (12,16 – 5,13 – 13,19 – 25,91 – 1,56 – 8,70 – 2:36,68)
2. Lea Lemke 3589 (12,76 – 5,14 – 13,32 – 34,15 – 1,52 – 8,56 – 2:35,64)
3. Sarah Gilles 3456 (13,23 – 4,34 – 14,10 – 32,73 – 1,52 – 9,73 – 2:33,65)
4. Nele Schneider 3313 (13,74 – 4,65 – 13,90 – 30,71 – 1,40 – 9,59 – 2:47,62)
5. Nina Sinzig 3221 (12,82 – 4,72 – 13,22 – 20,60 – 1,40 – 7,39 – 2:51,38)
6. Katharina Weller 3147 (13,84 – 4,54 – 14,25 – 28,89 – 1,40 – 7,85 – 2:55,46)
7. Marie Dietsch 2888
8. Rebecca Kupczik 2880
9. Emeline Kaul 2755
10. Alba Trunk 2718