Bei der Deutschen Meisterschaft in Ulm am letzten Wochenende hat die männliche Jugendstaffel der LG Sieg im Finale des 4x400m-Laufs völlig überraschend Platz 4 belegt und somit den Großvereinen LAZ Leipzig, LAZ Puma Sieg (Siegburg/Troisdorf) und LAC Berlin ein Schnippchen geschlagen. Solch bedeutende Vereine wie Bayer Leverkusen, Eintracht Frankfurt oder USC Mainz hatten sich gar nicht erst fürs Finale oder überhaupt für die DM qualifiziert.
Die Deutsche Jugendmeisterschaft der Langstaffeln findet traditionell zusammen mit der “echten” Deutschen Meisterschaft statt.
Bild: Paul-Phillip übergibt den Stab an Alex Pees
Nach den sehr guten Leistungen der Jugendlichen und Junioren über die Stadionrunde stand eigentlich außer Frage, dass die Staffel die Qualinorm für die Deutsche Meisterschaft schaffen würde. Allen voran der Betzdorfer Jonas Mockenhaupt, der seine national beachtete persönliche Bestzeit von 49,15s in dieser Saison um nochmals fast eine Sekunde auf 48,31s heruntergeschraubt hat. Auch Paul-Phillip Uhlemann vom VfB Wissen hat sich dieses Jahr enorm verbessert und steht aktuell mit 50,71s in den Bestenlisten. Bereits beim ersten Anlauf sollte es klappen: Bei der Rheinlandmeisterschaft in Wittlich kam das Team in der Besetzung Alex Pees – Paul-Phillip Uhlemann – Bastian Schwarz – Jonas Mockenhaupt auf den guten Wert von 3:28,51 und unterbot damit die geforderte Zeit um fast vier Sekunden. In ähnlicher Besetzung ging es dann zur Deutschen Meisterschaft der Junioren in Göttingen: Hier erlief sich das Quartett um Paul und Jonas mit der Hilfe der beiden U23-Junioren Andre Klöckner und Marcel Jung einen beachtlichen 11. Platz.
Nach solchen Leistungen und mit dem guten Gefühl, dass sich alle Beteiligten in Hochform befanden, ging es jetzt nach Ulm ins Donaustadion. Am Samstag standen die beiden Vorläufe an, und alle hatten für den zweiten Vorlauf nur ein großes Ziel vor Augen: unter die schnellsten Acht zu kommen und damit das Finale am Sonntag zu erreichen. Das war ihnen letztes Jahr nicht vergönnt, als sie mit dem zehnten Platz und einer Zeit von 3:26,17 knapp scheiterten.
Diesmal hatte es schon zu Beginn des Rennens den Anschein, als könne es besser laufen. Paul-Phillip Uhlemann, der auf der Außenbahn laufen musste, erwischte einen guten Start und konnte bis zur Übergabe die Kurvenvorgabe fast halten, Alex Pees auf Position 2 und Benjamin Neef auf 3 büßten leicht ein, blieben aber unter ihren in Einzelrennen gelaufenen Bestzeiten. Jonas Mockenhaupt als Schlussläufer lief noch auf die Führungsgruppe auf. Am Ende fehlten ihm gerade mal zwei Zehntelsekunden zum Sieg, den die LG Nord Berlin davontrug. Den ersten – etwas langsameren – Vorlauf hatte LAZ Puma Rhein-Sieg vor LAZ Leipzig gewonnen. Somit stand unser Team sensationell mit der zweitschnellsten Vorlaufzeit und Saisonbestleistung von 3:21,09 min im Endlauf.
War das Stadion bei diesem Vorlauf, der ja vor den großen Entscheidungen des Tages stattfand, noch mäßig gefüllt, so konnte der Endlauf, der mitten in den Entscheidungen von Hammerwurf, Kugelstoß und Dreisprung ausgetragen wurde, vor ganz großer Kulisse erfolgen. Paul-Phillip stand schon zur Vorbereitung in den Startblöcken, als nach dem fulminanten Siegesstoß des Chemnitzer Kugelstoß-Weltmeisters David Storl über mehr als 21 Meter ein regelrechter Aufschrei durchs Stadion ging und für richtiges Gänsehautgefühl sorgte. Das Rennen selbst lief schließlich ähnlich wie der Vorlauf ab, auch diesmal zeigten unsere Athleten wieder ihr ganzes Können. Eine Steigerung gegenüber dem Vorlauf war leider nicht mehr möglich; schließlich hatte sich schon am Tag zuvor Jeder völlig verausgabt, während die besten Teams noch einen Zahn zulegen konnten. Es siegte die auch im Vorlauf erfolgreiche LG Nord Berlin in phantastischen 3:16,36 mit vier Sekunden Vorsprung auf die Startgemeinschaft Chemnitz-Erzgebirge und dem Dresdner SC. Mit einer Zeit von 3:21,93 landete die LG Sieg auf Platz vier.
Nach der ersten Enttäuschung über die verpasste Medaille konnten die Athleten bei der Siegerehrung dann aber doch wieder strahlen. Erste Gratulantin war die mittlerweile 31-jährige Sabrina Mockenhaupt, die tags zuvor ihren 36. Deutschen Meistertitel gesammelt hatte, diesmal über 5000m, und nach wie vor die jüngere Konkurrenz noch gar nicht richtig zu fürchten braucht. Bleibt zu hoffen, dass der DLV trotz der verpassten WM-Norm ein Einsehen hat, und wir die Alsdorferin in einem Monat doch noch in Moskau bewundern können.